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20.12.2020
Da war Talent. Da war Hingabe. Zweifelsohne. Talent und Hingabe zu allem Künstlerischen. Allein, es fehlten die Umstände: das Budget, die Förderung, der Zuspruch. Schon das unablässige Lesen sah ihre Mutter nicht gern, nachts mit einer Funzel unter der Bettdecke. Bücher, immer nur Bücher, da kann der Mensch doch nicht im rechten Leben ankommen. Dazu die Schwärmerei für das Theater. Und auch noch Opern. Also, nein! Die Malerei, die Musik, das Schauspiel seien ein „zu mageres Brot“. Sie solle etwas...
20.12.2020
Gestorben ist Dany zu Hause. Im Bett, zu Tode geschwächt, nicht im Rollstuhl, auf den er so lange angewiesen war, den er verflucht hat. Kurz vor dem Abschluss seiner Ausbildung als Flugzeugelektroniker reisten seine Freundin und er nach Dänemark, um seinen 36. Geburtstag zu feiern. Dort erlitt er eine Hirnblutung, durch die seine linke Körperhälfte gelähmt wurde. Die Freundin verließ ihn, er wurde zum Pflegefall und zum Weltenhasser. Der alles in die Tonne trat, was mal wichtig für ihn war: die Arbeit,...
13.12.2020
Ursula war 13 Jahre alt, und eigentlich mochte sie das Leben in dem kleinen Dorf namens Demen. Da waren die zwei älteren Geschwister, da war die liebevolle Mutter, die als Erzieherin arbeitete, und da war ihr liebevoller Vater, ein Bauer, aber einer ohne Hof. Stattdessen rackerte er in der örtlichen LPG, dem landwirtschaftlichen Staatsbetrieb der DDR. Ein Haus hatten sie aber, dazu einen Garten, darin wuchsen die Kartoffeln in der Erde und die Äpfel und Pflaumen an den Bäumen. Ihre beste Freundin...
06.12.2020
Gerade nach Berlin gezogen, jung, auf der Suche, noch nicht wissend wonach, wollte er mit einem Freund in eine Kneipe. Ob sie Wein hätten, fragte Norbert. Aber natürlich. Sogar zwei! Einen weißen und einen roten. Norbert bestellte ein Bier.
06.12.2020
Wäre der Garten nicht gewesen, wer weiß, ob sie überlebt hätten. Ein eigener Garten, das war der Wunsch des Vaters, er kam vom Land und wollte wieder hinaus ins Grüne, ohne die Stadt zu verlassen. Und so zog die Familie kurz nach Helgas fünftem Geburtstag in die neue Siedlung Eichkamp, in ein kleines Haus mit großem Garten, den sie 94 Jahre lang pflegte.
29.11.2020
Die Musik ist von zweideutigem Wesen. Zu nichts verpflichtet, folgt man ihr träumend. Sie beruhigt, betäubt, schläfert ein, schmälert jeden Drang zur Aktivität. Und im selben Maß kann sie das Gegenteil bewirken. Sie reißt vorwärts, entflammt die Gefühle, forciert den Geist, regt an zur Tat. Sie schafft Bewegung. Sie schafft Stillstand.
29.11.2020
Die US-Army schickte die Söhne des Landes nach Vietnam. Auch Wayne sollte im Dschungel kämpfen. Wayne mit dem langen Zopf und dem Bart, der gerade seine ersten Songs schrieb und in einer Band Gitarre spielte. In diese Richtung sollte sein Leben gehen, das spürte er. Nicht in den Krieg. Irgendwie gelang es Wayne, in eine Spezial-Kompanie zu kommen, die definitiv nicht übers Meer geschickt werden würde. Genaueres wissen die Freunde nicht, die über sein Leben berichten.
22.11.2020
Im letzten Kriegsjahr wurde sie als Flakhelferin eingesetzt, zum Schutz des Kohletagebaus in der Nähe von Leipzig. Von dort konnte sie das Flammenmeer sehen, in dem Dresden unterging: „Welch ein Verderben, ob Mutter und Schwester wohl überleben werden? / Das Elternhaus war nicht ganz zerstört / meine Gebete wurden erhört.“ Die Verse schrieb sie erst im Alter nieder, als sie versuchte, die Widersprüchlichkeiten des Lebens in Reimen zu fassen.
22.11.2020
Als seine Tochter ihn fragte, ob er, könnte er noch mal von vorn beginnen, sich wieder für ein Leben anderswo entschiede, für ein Leben hier in Deutschland und nicht im Iran, wo er geboren, wo er aufgewachsen war, als seine Tochter ihn das fragte, antwortete er sofort, ohne jedes Zögern: Nein! Er würde in seiner ersten Heimat bleiben.