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14.03.2021
Am Anfang war da eine Annonce in der „Wochenpost“, in der Rubrik „Er sucht sie“. Sie schrieb, er schrieb zurück, bis zum Wagnis eines ersten Treffens, im Frühling 1968. Ulrich holte Ingrid ab. Er klingelte, sie öffnete, er sah sie an, sie sah ihn an, das war's. Das würde es bleiben, lebenslang.
07.03.2021
Immer musste sie auf den guten, gepolsterten Stühlen herumturnen. Ihre Schuhe hatte sie natürlich anbehalten. Irgendwann hatte der Vorsitzende genug und erteilte ihr einen Rüffel. Ende der 50er Jahre war das, Helga Simon war die Hausfotografin der Jüdischen Gemeinde in West-Berlin. Feste, Gottesdienste, Hochzeiten, Musik, Sport, Politikerbesuche, all das dokumentierte sie. Da sie sehr klein war - das letzte Mal, als jemand gemessen hatte, waren es noch 138 Zentimeter - musste sie halt auf die Stühle.
07.03.2021
Ein Mensch kann seinen Ort finden und ein Ort seinen Menschen. Manchmal kommt beides zusammen. Franz Josef Göbel und die Stadtklause, die hatten sich gefunden, da sind sich alle einig. Nun bleibt eine verwitwete Kneipe übrig, direkt neben der Tagesspiegel-Redaktion am Anhalter Bahnhof, in deren Gastraum Stammgäste und Kollegen neben einem kleinen Altar sitzen und das alles noch nicht fassen können. Franz ist sehr plötzlich verschwunden, so, wie er immer in Bewegung war, hypermotorisch, sagt Gisela,...
28.02.2021
Sie sitzt oft in der Küche ihrer Wohngemeinschaft in Marburg und diskutiert über Gleichberechtigung, Karl Marx und die Welt. Es sind die 70er Jahre, kurz nach der Studentenbewegung, und ihre WG ist eine, wie man sich WGs aus dieser Zeit vorstellt. Es gibt eine kleine Bibliothek mit vielen Lexika, in der Küche hängen Zettel mit Preisen für Lebensmittel wie Mehl und Zucker. An den Bücherständen vor der Uni-Mensa kaufen sie ihre Bücher, mit dem Lastenrad befördern sie Bierkästen, im Kino gucken sie...
14.02.2021
Ein wacher Blick durch eine feine Brille, so schaute sie von ihren Fotos. Oft so, als würde sie fragen: „Was willst du wissen, was kann ich dir erzählen?“ Auf eine Art, die Wissenschaftler haben, die immer weitermüssen, die getrieben sind. Die keine Zeit verschwenden können, denn ihre Forschungen bringen die Menschheit weiter - und sie selbst natürlich auch.
14.02.2021
So viele Bücher. Bücher, die ein Student besitzen möchte, sich aber nicht leisten kann. Die Bibliothek wäre eine Variante. Doch ist das nicht dasselbe, wie einen druckfrischen, nach Papier und Leim und Leinen riechenden Band in den Händen zu halten und nach dem Lesen in das eigene Regal einzuordnen. Was dann? Man könnte sparen, sich beschenken lassen. Oder klauen.
07.02.2021
Die Rosinenbomber dröhnten am Himmel. Peter wetzte los, den Maschinen hinterher. Da schwebten die Pakete an Minifallschirmen herab, mit Schokolade darin und Kaugummi. Süße Versprechen auf eine bessere Zukunft. Peter lief und lief, bis auch er so ein Paket in seinen Händen hielt. Glück.
07.02.2021
Passanten blieben stehen, tuschelten, Autofahrer fuhren langsamer, kurbelten die Scheiben herunter, staunten über Herbert, der da auf dem Bürgersteig stand, ein gewöhnlicher Stuhl, ja, aber ungewöhnlich groß, zu groß für normale Räume, die Rückenlehne ragte bis zum ersten Stock. „(M)eine Parabel vom Anderssein“ nannte der Künstler Christian Maurer sein Werk, das zwei Tage auf dem Trottoir vor der „Galerie Am Scheunenviertel“ stand, dann drei Wochen in der Galerie selbst ausgestellt wurde, und noch...