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23.09.2011
"Sunshine" nannte man sie. Aber sie hatte kein sonniges Gemüt
Nachruf auf Dagmar Stenschke (Geb. 1947)
Ihre Beerdigung eine Reise in die Vergangenheit. Neben dem Sarg steht ihr Barhocker aus der „O-Bar“, einem längst verschwundenen Treffpunkt der schwul- lesbischen Szene auf der Kreuzberger Oranienstraße. Ein Relikt aus der Zeit, als Dagmar, die alle nur „Sunshine“ nannten, das Mobiliar und die Gäste mit ihren langen Beinen traktierte, getrieben von innerer Unruhe und Aggression. Die „Queen of Kreuzberg“ hatte kein sonniges Gemüt, ihr Name bezog sich auf ihr Lieblings-LSD, das sie wie auch die anderen...
23.09.2011
Minigolf ist ein Sport, da gibt es gar nichts zu lachen
Nachruf auf Dietmar Thielmann (Geb. 1958)
Junior war gerade mal zwei und thronte stolz auf Papas Arm. „Horch mal! Was kommt denn da für ein Auto?“ Der Kleine legte den Kopf schräg: „Fauwehfauwehfauweh“ – „Genau. Da kommt ein VW Golf!“...
23.09.2011
Das ist wie mit dem Fußball. Talent hat er, nur das Training nervt
Nachruf auf Erwin Hennchen (Geb. 1953)
Einen Bestseller wollte er schreiben, worüber, wusste er nicht. Nicht, dass er jemals ein Buch geschrieben hätte. Ihm gefiel einfach die Vorstellung, nie wieder arbeiten zu müssen, nur das tun zu können, was Spaß macht.
16.09.2011
"Vielleicht haben Sie noch ein paar schöne Jahre"
Nachruf auf Rolf Lüpges (Geb. 1952)
Hannelores erster Gedanke, als der Polizist ihr sagt, dass ihr Mann vom Hochhaus gesprungen ist: „Endlich hast du es geschafft“. Ihr erstes Gefühl: die Scham, so etwas zu denken. Doch jetzt, gut drei Monate später, sagt sie ein klares „Ist doch wahr“, und es klingt nicht trotzig.
16.09.2011
Halbwahres, Unbewältigtes. Und die Suche nach der Wahrheit
Nachruf auf Hubert Skolud (Geb. 1950)
Der Junge aus dem Bürgerhaus im Südwesten Berlins ist an Lebensenergie, Neugier und Entdeckerfreude kaum zu übertreffen. Und Ende der Sechziger bietet die Halbstadt jede Menge Schlupfwinkel, in denen Heranwachsende sich ohne Hilfe von außen erwachsen geben können. Hubert schreibt Gedichte und liest sie so vor, dass man glaubt, einem großen zeitgemäßen Ereignis beizuwohnen. Jedenfalls Gleichaltrige glauben das und Mentoren, die, ähnlich wie er, von Amerikas Beat-Poeten bezaubert sind. Andere halten...
09.09.2011
In zwei Armeen ist er hineingeraten, wie von selbst
Nachruf auf Joachim Tappert (Geb. 1924)
Vor ein paar Jahren begann er, seine Erinnerungen aufzuschreiben, sein jüngster Sohn hatte ihn darum gebeten. Der Sohn wollte wissen, wie ein Mann durchs 20. Jahrhundert kam, der zwei Mal die Welt um sich zusammenbrechen sah. Hatte er an das, was da zusammenbrach, tatsächlich geglaubt? Der Sohn mochte seinen Vater, auch wenn der ganz anders war als er.
09.09.2011
Von den Männern erzählte sie, von sich sah sie ab
Nachruf auf Angelika Rutenborn (Geb. 1915)
Im Skikurs, mit Lilli, Hilde, Lilo, Tutti, Anne.“ Pumphose, Sonnenbrille, offene Haare, die Bretter auf der Schulter balancierend. Angelika, die „winzige“ Pfarrerstochter, 1937, auf Winterfreizeit im Riesengebirge, Gemeinde Krummhübel, Pension Eldorado.
02.09.2011
Sie jedoch verließ Berlin erneut – nach Istanbul
Nachruf auf Charlotte Franck (Geb. 1909)
Sieben Kinder waren sie in Berlin. Und hatten oft Hunger. In Pommern, bei der Tante wurde man satt. Charlotte Franck mochte ihre Tante Tine außerordentlich und verließ als Kind Berlin, die enge Wohnung, die Armut, lebte von nun an in der Nähe von Stettin, auf dem weiten Land.
02.09.2011
Die Kunden, Arbeiter zumeist, brachten ihm Zigarren und Hallorenkugeln
Nachruf auf Peter Schisler (Geb. 1947)
Peter Schisler schaffte es, Dinge miteinander in Einklang zu bringen, die man oft im Widerstreit glaubt: Arbeit und Genuss, Ästhetik und Pragmatismus, Bescheidenheit und Sinnesfreude. Der Ästhet liebte gute Haarschnitte, Rinderfilet und Oldtimer. Der Pragmatiker trug immer ein Messer bei sich, um jederzeit Wasserschläuche im Auto wie auch Salami-Würste durchsäbeln zu können.
02.09.2011
Alles sollte auf ihn zukommen. Was hätte nur aus ihm werden können?
Nachruf auf Jan-Erik Engel (Geb. 1964)
Es sind Hunderte bei seiner Beisetzung in Spuckweite von Rio Reisers Grab, dessen Stück „Ich will nicht werden, was mein Alter ist“ er wunderbar vortragen konnte. Aber ein politischer Rebell wie der Ton-Steine-Scherben-Sänger war er nicht. Liebe, Rock ’n’ Roll, Fußball und ein bisschen Rausch genügten ihm für die erträgliche Leichtigkeit des Seins.