Nachrufe
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05.08.2011
Kinder waren für sie etwas Heiliges. "Was soll ich mit alten Leuten?"
Nachruf auf Herta Dubitzky (Geb. 1921)
Arm kann man schon sein, aber man muss sich zu benehmen wissen.“ Arm war sie in der Jugend, bitterarm. Herta kam in Schindelbach zur Welt, im Erzgebirge, eine Gegend, so verlassen, dass die Kinder vor Autos erschraken. Ihre Mutter, eine junge, schöne Frau starb mit 36 Jahren an den Folgen einer weiteren Schwangerschaft. Sie hinterließ vier Kinder und einen hilflosen Mann, der die Familie kaum zu ernähren wusste. Die große Tochter Else, gerade 13 Jahre, kümmerte sich um die Jüngeren.
29.07.2011
Beim Studium in Moskau hält er es nicht lange aus. Er kommt aus West-Berlin
Nachruf auf Thomas Schombel (Geb. 1960)
Kräftig ist er und groß, 1,94 Meter. Ein ordentlicher Schrank, gesegnet mit einer durchdringenden Stimme. Einer, der ungewollt im Mittelpunkt steht, ein unruhiger Geist, der immer vorneweg geht. Unfallgefährdet ist er auch. Verirrt sich mal ein Dartpfeil, steckt er in Thomas’ Wange. Er lacht darüber. Sein Humor ist ansteckend. Er nimmt Menschen gerne mit, am liebsten in den Zoo. Als Dauerkartenbesitzer liebt er es, sich mit einem Eis auf eine Bank zu setzen und bei den Fütterungen zuzugucken.
29.07.2011
Eine Entschädigung lehnt er ab. Schweigegeld? Nicht mit ihm
Nachruf auf Rudolf Schillen-Kanbay (Geb. 1953)
Ich mag den Blues, aber nur wenn andere ihn haben!“ Das war einer von Rudis Sprüchen. Rudi, der in Berlin einen verzweifelten, auszehrenden Kampf um einen Platz im Leben führte, um Anerkennung und Respekt. Als könne er mit diesem Mantra das Unglück, die Verletzungen und Enttäuschungen bannen, die seine Begleiter waren. Atemholen war ihm selten vergönnt. Als er Luft bekommt und Licht sieht, versagt ihm sein geschundenes Herz den Dienst. Der letzte Schlag.
22.07.2011
Sie wusste, wie man ideologischen Verführungen erliegt
Nachruf auf Micha Evers (Geb. 1925)
Biologie-Unterricht an einem Potsdamer Lyzeum 1943. Die Abiturientinnen sollen die „Rassenzugehörigkeit“ ihrer Mitschülerinnen bestimmen. Der Schädel wird vermessen, der Körperbau bewertet. Mechthild Schoof schreibt „ostisch“ neben den Namen ihrer Freundin an die Tafel. Die „ostische Rasse“ gilt als „minderwertig“. Mechthild versucht die Freundin zu trösten: „Du weißt doch, dass das Quatsch ist!“ Als sie 70 ist, schreibt sie: „Bis auf den heutigen Tag schäme ich mich dafür, dass ich damals nicht...
22.07.2011
Würden die Menschen je das Interesse an ihrem Gewicht verlieren?
Nachruf auf Peter Schulz (Geb. 1938)
Ein Glückspilz war er, man muss das schon sagen. Ob er das selbst so empfand? Seine Frau zuckt mit den Schultern. Eigentlich lief sie für sie ja auch nicht schlecht, die Sache mit den Automaten.
22.07.2011
Sie wollte nie weg aus Ost-Berlin. Warum auch?
Nachruf auf Gaby Bauer (Geb. 1960)
Ein Schmuckkästchen, ein Stövchen, eine Duftkerze, ein Armband mit Muscheln, ein Magnet mit Katzenmotiv, kleine Nettigkeiten eben, Mitbringsel, Sympathieträger. Gaby hatte immer etwas dabei, wenn sie vorbeikam, eine Freudeschenkerin war sie, eine, die selbst voller Freude war. Im Urlaub liebte sie das Stöbern in den Souvenirläden.
15.07.2011
Die Mauer und die Klopfzeichen, mit denen sie Kontakt aufnahm
Nachruf auf Sigrid Paul (Geb. 1934)
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15.07.2011
Sie brachten 1200 Männer, Frauen und Kinder in die Freiheit
Nachruf auf Detlef Girrmann (Geb. 1928)
Sie waren doch Freunde. Sie hatten keine Zweifel an ihm, eigentlich. Es war nur so: Sie wussten nicht, wie sie es ihm sagen sollten. Dass es einen Grund geben müsse, warum ausgerechnet die Touren, die er maßgeblich entwickelt hatte, zuletzt so oft schiefgegangen waren. Dass er an irgendeinem Punkt unvorsichtig gewesen sein könnte. Dass sie dafür zwar keine Beweise hatten, aber zu viele Hinweise. Dass sie sich deshalb von ihm trennen würden.
08.07.2011
"Das Glück empfindet man, wenn man nicht viel übers Glück nachdenkt"
Nachruf auf Evelyn Jansch (Geb. 1949)
Bodo wollte die Welt verbessern, agitierte in Betrieben. Evelyn hatte Drogistin gelernt und auf Kosmetikerin umgeschult, sie verkaufte Cremes, erst bei Wertheim, dann im KaDeWe.
08.07.2011
Sie diskutierte, bis das Lehrerzimmer in Rauchschwaden versank
Nachruf auf Ursula Eckstein (Geb. 1943)
Flink, klein und ehrgeizig war sie. Eine ausgezeichnete Fünfkämpferin, der man die kraftaufwendigen Disziplinen Kugelstoßen und Speerwurf gar nicht ansah. Wie auf dem Sportplatz ihres Vereins „Z 88“, so sprang, flog und sauste sie auch durchs Leben. Ein kesses, draufgängerisches Leichtgewicht mit kurzen blonden Haaren und sonnenverwöhntem Teint. Schon als Kind, beim Spielen auf der Straße, hatte sie das Sagen. Das berüchtigte Zehlendorfer Schwesternkleeblatt: Christa, Irene, Uschi und die kleine...