Nachrufe
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16.03.2012
"Im geschlossenen Raum halte ich’s nicht aus. Ich brauch’ meinen Wald"
Nachruf auf Konrad Seeger (Geb. 1943)
Er hat gewusst, dass es Räuber sind, die da draußen wohnen, in der Stadt. Aber vor drei Jahren, nach dem Winter waren seine Schmerzen zu stark geworden, er wurde immer schwächer und musste seinen Wald verlassen, die kleine Lichtung, die Kiefern, Birken, Fichten, die Vögel und die Mäuse. Und bei denen in der Stadt um Hilfe bitten. Dass es so schlimm werden würde, dass sie ihn anbrüllen, fesseln, einsperren würden, hat er nicht geahnt.
09.03.2012
Es geht eher gemütlich vorwärts, aber konsequent
Nachruf auf Johannes Raffel (Geb. 1984)
Der perfekte Abend im November. Mit seiner neuen Freundin und zwei Freunden war Johannes im „Lido“ in Kreuzberg. Ein Soulkonzert von Charles Bradley, einem Mann, der mit 14 von zu Hause ausgerissen war, auf der Straße gelebt und mit Anfang 60 sein Debütalbum herausgebracht hat. Nach dem Konzert ging er verschwitzt und lächelnd durch die Reihen und umarmte auf seinem Weg zur Theke alle Leute. So einen Abend vergisst man nicht.
09.03.2012
"Sie roter Teufel. Sie haben das Rennen gemacht!"
Nachruf auf Charlotte Schulz (Geb. 1911)
Sie war die Stimmungskanone auf Familienfesten, der bunte Vogel ihrer Straße. Charlotte genoss Freiheiten, um die andere sie beneideten. Sie besaß das Talent, Menschen für sich einzunehmen, sie einzuspannen in ihren Alltag, den sie alleine nicht bewältigt hätte. So lebte sie 100 Jahre, obwohl so klein und zart von Statur, und wenn die Wohnungsbaugesellschaft nicht gedroht hätte, ihr Refugium zu renovieren ? Aber das ist nur Spekulation.
09.03.2012
Ein Künstler ohne Sparte, ein Geschäftsmann ohne Firma
Nachruf auf Käthe Be (Geb. 1959)
Sein Wille, sich eine selbstbestimmte, von Klischees befreite Existenz zu schaffen, zeigte sich schon im Grundschulalter. Während andere Jungen „Iiiih-Mädchen!“ riefen, bat er darum, „Käthe“ genannt zu werden. So hieß seine Kinderbuchheldin.
02.03.2012
Er kennt den Tod. Der Tod interessiert ihn nicht
Nachruf auf Eckart Schibber (Geb.1938)
Sechs Jahre ist er alt, als er vor der Urne seiner Mutter steht. Winter 1944, Grünberg, Schlesien, alle frieren. Cousin Ulrich Krönke, der neben ihm steht, kann sich heute nicht mehr erinnern, dass Eckart geweint hätte. „Er hatte sich immer gut im Griff. Ich habe ihn nur einmal weinen sehen oder sagen wir: trocken schlucken. Das war in der letzten Phase seines Lebens.“...
02.03.2012
Durfte sie der Frau helfen? Musste sie es nicht geradezu?
Nachruf auf Christina Dürr (Geb. 1955)
Für ihren Lieblingssport brauchte es keine weiten Reisen. Immer wenn es Neuschnee gab, schnallte sich Christina nach dem Frühstück die Langlaufskier unter und drehte ein paar Runden in dem kleinen Park am Gasometer, gleich gegenüber ihrer Wohnung.
02.03.2012
Er suchte die Nähe, und er mied sie
Nachruf auf Horst Helbig (Geb. 1937)
Mitten im Hof, auf einer runden Rasenfläche steht ein Apfelbaum. Sein Stamm ist dünn und kaum höher als einen Meter. Horst Helbig pflanzte den Baum und wusste, er selbst würde keine Früchte mehr ernten. Andere werden es können.
24.02.2012
Spänchen der Republik, unterscheidet euch!
Nachruf auf Bruno Brunner (Geb. 1963)
Über welchen Bruno reden? Über ihn, so wie die Welt ihn sah, von außen, oder über den anderen, den wirklichen Bruno? Über den Versager oder über das Beinahe-Genie?...
24.02.2012
Wenn das Kind vor den Eltern stirbt, ist die Reihenfolge unterbrochen
Nachruf auf Phillip Kannenberg (Geb. 1979)
Phillip ruft vom Auto aus seine Mutter Mathilde an, es ist Dienstag, 19.11 Uhr. Sagt, dass er gerade die Elbe hinter sich gelassen habe, dass es furchtbar neblig sei, anstrengende Fahrt auf der A 9. Die Fortbildung in Bensheim sei gut gelaufen, jetzt freue er sich auf zu Hause und auf den nächsten Tag: erst noch das Seminar nacharbeiten, dann ins Fitnessstudio, abends eine Verabredung, mal sehen. Fahr vorsichtig und komm gut heim, sagt Mathilde.
17.02.2012
Was wirklich hilft, ist Liebe. Die Liebe, die fehlte
Nachruf auf Jürgen Raschert (Geb. 1937)
Das eine ist die Karriere, das andere das Leben. Seine Karriere verlief geradlinig, sein Leben oft im Torkelgang. Auch wenn man ihm das nicht immer ansah. Was man ihm ansah, immer, war die Krankheit. Psoriasis.