Nachruf auf Bernd Kopplow (* am 1. Oktober 1947)
Ob er wohl Feinde habe, sinnierte Bernd Kopplow kurz vor seinem Tod. Es fiel ihm niemand ein, der so richtig gram mit ihm gewesen sein könnte. Obwohl, ganz ohne Missgunst kommt man nicht durchs Leben, zumal wenn man erfolgreich ist. Da war er sich mit Heidi, seiner Frau, einig. Aber so wie es Leute gibt, die den Streit suchen, gibt es Leute, die ihn einfach ausblenden, die auch der größte Streit kaum berührt. Bernd suchte Verständigung. Er ging Konflikten nicht aus dem Weg, aber er schürte sie nie. Selbst seine Kontrahenten schätzten ihn. Also Feinde? Man kann es sich schwer vorstellen.
Bernd starb zu Hause. Vor dem Fenster ein kleiner Ziergarten mit asiatischen Gewächsen und einer Buddha-Statue. Mit dem fernen Osten war er nicht zuletzt durch eine erste Ehe mit einer Japanerin und durch seinen Sohn verbunden. Die Zurückhaltung mancher Asiaten, ihre Ablehnung vorschneller Urteile schätzte er. Religiös war Bernd Kopplow nicht, aber von der Weisheit der Religionen und Philosophen ließ er sich inspirieren. Dabei waren ihm Konfuzius, Buddha und die Stoiker etwas näher als die Botschaft der christlichen Kirchen. Trotzdem unterstützte er über viele Jahre das Engagement einer Kreuzberger Kirchengemeinde großzügig. Da zählte für ihn das, was mit dem Geld gemacht wurde mehr als die Verbundenheit in Glaubensdingen.
Bernd Kopplow war Rechtsanwalt. Als solcher hat man sich ganz in den Dienst seines Mandanten zu stellen. Was diesen entlastet, hat der Anwalt vorzubringen, über manches muss er professionell hinwegsehen. Ein Anwalt verteidigt auch Verbrecher; deren Rechte zu schützen, schützt letztlich das Gemeinwesen, davon war Bernd Kopplow überzeugt, und deshalb war er gern Jurist.
Seiner Natur nach aber war er eher Notar als Anwalt. Bernd Kopplow suchte nicht den Vorteil für eine Seite, er suchte nach Lösungen, mit denen alle Seiten gut leben konnten. Die asiatische Art, das Gegenüber stets das Gesicht wahren zu lassen, gehörte zu seinem Wesen. Jede Position hat Gründe, und hat man erkannt welche Geschichte, welche Verletzungen, welche Interessen dahinter stehen, kann man verstehen, wenn auch nicht unbedingt entschuldigen.
Bestatter und Notare wechselt man nicht leicht. Auch wenn man sie nicht oft im Leben braucht, an entscheidenden Wegmarken, in Lebenslagen, wo man dünnhäutig und verletzlich ist, spielt Vertrauen eine große Rolle. Bernd Kopplow war für so manche Familie nicht nur der Familiennotar, sondern auch ein geschätzter Berater. Erbschaftsangelegenheiten, Firmenübergaben sind selten nur juristische Vorgänge. Wo manche Kollegen mit offenen Formulierungen den schnellen Konsens suchen, machte er auf Fallstricke aufmerksam, die Anlass zu Streit geben konnten. Manche Mandanten hat das verstört, sie sahen gerade darin ihre Chance auf einen guten Deal, die allermeisten dankten es ihm durch langjährige Verbundenheit.
Einen großen Zorn entwickelte Bernd Kopplow gegenüber den sogenannten „Mitternachtsnotaren“, die sich in den Dienst von Immobilienspekulanten stellen und miese Geschäfte rechtssicher abwickeln. Da ging es ihm wie den Priestern und Pfarrern, die sich durch die Kinderschänder unter ihnen und die Debatten um sie in ihrer Berufsehre verletzt sehen. So wie ihn auch die Geschichte seiner Zunft mit Wut und Scham erfüllte. Die Tatsache, dass es lange Zeit keine ehrliche Aufarbeitung der Nazigerichtsbarkeit gab, blieb für ihn ein Skandal. Sein Jurastudium fiel in die Zeit der Studentenrevolte. Man war links. Auch Bernd war links, aber mit Augenmaß. Die K-Gruppen waren ihm zu laut, zu unzivilisiert, zu machohaft. Bei den Jusos engagierte er sich eine Weile, und weil Begabung auch in der Parteiarbeit auffällt, gab es bald die Aussicht auf eine politische Karriere. Verbunden allerdings mit dem Gang durch Gremien und Institutionen, mit dem Knüpfen von Seilschaften und mit den Fesseln der Parteidisziplin. Das war nichts für ihn.
Noch vor Ende seiner Ausbildung arbeitete er für eine große Anwaltskanzlei und fand in deren Inhaber einen Mentor, dem er sich bis ans Lebensende verbunden fühlte. Wobei ein Großteil der Förderung darin bestand, Bernd schon früh zu eigenverantwortlichem Handeln zu ermutigen und ihn letztlich einfach machen zu lassen. So wurde der frühere Referendar schließlich Teilhaber. In einer weiteren Kanzlei war er dann selbst Mentor und Förderer etlicher Berufseinsteiger.
Er hatte viele Freunde, doch nur wenig Duzfreunde. Die Anrede „Herr Notar Kopplow“, das mag distanziert klingen, zeugte aber vor allem von Achtung und Respekt. Die wenigen, denen er das Du anbot, taten sich mit dem Wechsel der Anrede nicht leicht.
Geschmerzt hat ihn, dass Kinder- und Enkel Schwierigkeiten hatten, ihren Weg zu finden. Oft fragte er sich, ob seine Erfolgsgeschichte ihnen den Schneid nahm, sich im Leben zu behaupten? War es vielleicht falsch, ihnen in allen Notlagen zu Seite zu stehen? Hätte er sich mehr entziehen sollen? Hat er, wenn er Verantwortung übernahm, diese anderen voreilig abgenommen? Die Fragen trieben ihn um.
War er sonst meist der weise Ratgeber, so empfand er sich in der Rolle des Familienvaters eher hilfsbedürftig und unentschieden. Sicher war er sich nur darin, dass es darauf ankommt, für die seinen da zu sein, dass die Liebe wichtiger ist als der äußere Erfolg. Jörg Machel
Bernd starb zu Hause. Vor dem Fenster ein kleiner Ziergarten mit asiatischen Gewächsen und einer Buddha-Statue. Mit dem fernen Osten war er nicht zuletzt durch eine erste Ehe mit einer Japanerin und durch seinen Sohn verbunden. Die Zurückhaltung mancher Asiaten, ihre Ablehnung vorschneller Urteile schätzte er. Religiös war Bernd Kopplow nicht, aber von der Weisheit der Religionen und Philosophen ließ er sich inspirieren. Dabei waren ihm Konfuzius, Buddha und die Stoiker etwas näher als die Botschaft der christlichen Kirchen. Trotzdem unterstützte er über viele Jahre das Engagement einer Kreuzberger Kirchengemeinde großzügig. Da zählte für ihn das, was mit dem Geld gemacht wurde mehr als die Verbundenheit in Glaubensdingen.
Bernd Kopplow war Rechtsanwalt. Als solcher hat man sich ganz in den Dienst seines Mandanten zu stellen. Was diesen entlastet, hat der Anwalt vorzubringen, über manches muss er professionell hinwegsehen. Ein Anwalt verteidigt auch Verbrecher; deren Rechte zu schützen, schützt letztlich das Gemeinwesen, davon war Bernd Kopplow überzeugt, und deshalb war er gern Jurist.
Seiner Natur nach aber war er eher Notar als Anwalt. Bernd Kopplow suchte nicht den Vorteil für eine Seite, er suchte nach Lösungen, mit denen alle Seiten gut leben konnten. Die asiatische Art, das Gegenüber stets das Gesicht wahren zu lassen, gehörte zu seinem Wesen. Jede Position hat Gründe, und hat man erkannt welche Geschichte, welche Verletzungen, welche Interessen dahinter stehen, kann man verstehen, wenn auch nicht unbedingt entschuldigen.
Bestatter und Notare wechselt man nicht leicht. Auch wenn man sie nicht oft im Leben braucht, an entscheidenden Wegmarken, in Lebenslagen, wo man dünnhäutig und verletzlich ist, spielt Vertrauen eine große Rolle. Bernd Kopplow war für so manche Familie nicht nur der Familiennotar, sondern auch ein geschätzter Berater. Erbschaftsangelegenheiten, Firmenübergaben sind selten nur juristische Vorgänge. Wo manche Kollegen mit offenen Formulierungen den schnellen Konsens suchen, machte er auf Fallstricke aufmerksam, die Anlass zu Streit geben konnten. Manche Mandanten hat das verstört, sie sahen gerade darin ihre Chance auf einen guten Deal, die allermeisten dankten es ihm durch langjährige Verbundenheit.
Einen großen Zorn entwickelte Bernd Kopplow gegenüber den sogenannten „Mitternachtsnotaren“, die sich in den Dienst von Immobilienspekulanten stellen und miese Geschäfte rechtssicher abwickeln. Da ging es ihm wie den Priestern und Pfarrern, die sich durch die Kinderschänder unter ihnen und die Debatten um sie in ihrer Berufsehre verletzt sehen. So wie ihn auch die Geschichte seiner Zunft mit Wut und Scham erfüllte. Die Tatsache, dass es lange Zeit keine ehrliche Aufarbeitung der Nazigerichtsbarkeit gab, blieb für ihn ein Skandal. Sein Jurastudium fiel in die Zeit der Studentenrevolte. Man war links. Auch Bernd war links, aber mit Augenmaß. Die K-Gruppen waren ihm zu laut, zu unzivilisiert, zu machohaft. Bei den Jusos engagierte er sich eine Weile, und weil Begabung auch in der Parteiarbeit auffällt, gab es bald die Aussicht auf eine politische Karriere. Verbunden allerdings mit dem Gang durch Gremien und Institutionen, mit dem Knüpfen von Seilschaften und mit den Fesseln der Parteidisziplin. Das war nichts für ihn.
Noch vor Ende seiner Ausbildung arbeitete er für eine große Anwaltskanzlei und fand in deren Inhaber einen Mentor, dem er sich bis ans Lebensende verbunden fühlte. Wobei ein Großteil der Förderung darin bestand, Bernd schon früh zu eigenverantwortlichem Handeln zu ermutigen und ihn letztlich einfach machen zu lassen. So wurde der frühere Referendar schließlich Teilhaber. In einer weiteren Kanzlei war er dann selbst Mentor und Förderer etlicher Berufseinsteiger.
Er hatte viele Freunde, doch nur wenig Duzfreunde. Die Anrede „Herr Notar Kopplow“, das mag distanziert klingen, zeugte aber vor allem von Achtung und Respekt. Die wenigen, denen er das Du anbot, taten sich mit dem Wechsel der Anrede nicht leicht.
Geschmerzt hat ihn, dass Kinder- und Enkel Schwierigkeiten hatten, ihren Weg zu finden. Oft fragte er sich, ob seine Erfolgsgeschichte ihnen den Schneid nahm, sich im Leben zu behaupten? War es vielleicht falsch, ihnen in allen Notlagen zu Seite zu stehen? Hätte er sich mehr entziehen sollen? Hat er, wenn er Verantwortung übernahm, diese anderen voreilig abgenommen? Die Fragen trieben ihn um.
War er sonst meist der weise Ratgeber, so empfand er sich in der Rolle des Familienvaters eher hilfsbedürftig und unentschieden. Sicher war er sich nur darin, dass es darauf ankommt, für die seinen da zu sein, dass die Liebe wichtiger ist als der äußere Erfolg. Jörg Machel