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Kai Sender
Sozialarbeiter
Bremen
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Wie ist eine Person, die jeder gern um sich hat?

Nachruf auf Nanda Naumann (Geb. 1966)
Ein Sieg, um den sie alle Mitschüler beneideten: der erste Platz beim „Schöller Eiscreme Malwettbewerb“ 1976. Sie hat noch viele weitere Preise gewonnen, aber der Erfolg hat nie wieder so gut geschmeckt wie damals. Seitdem ging ihr das Lächeln auch nicht mehr verloren. Selbst als sie erfuhr, dass der Krebs wiedergekommen war.
In den wenigen Wochen, die ihr blieben, hat sie jeden Abend eine Liste der Dinge gemacht, die sie am Tage gut gefunden hatte. Das waren viele, denn dafür hatte sie einen Blick. Und sie hatte ein Händchen für Sachen, die andere lächeln ließen. Wenn sie zum Erstklässler-Tag die Einladungskarte für die Eltern und die Kinder gestaltete, dann griffen die Großen wie die Kleinen gern zur Schultüte. An der Wand in der Bibliothek der Charles-Dickens-Schule begrüßen die von ihr porträtierten Kinderbuchhelden die kleinen Leser persönlich, und in der Heinz-Galinski-Schule weist ihre höfliche Sonnenblume im Eingangsbereich mit den immergrünen Blättern den Weg zu den Klassenzimmern.
Woher dieses Lächeln in den Bildern und den Gesichtern? „Nanda“ bedeutet „Glück“ auf Sanskrit, und in der Klangfolge mit Naumann, Nanda Naumann, klingt das schmunzelnd schön und gar nicht affektiert. Das galt für die ganze Person. Sie war hübsch anzusehen, aber keine exaltierte Beauty Queen. Da gab es ganz andere Diven beiderlei Geschlechts in der Werbebranche, wo sie als Artdirektorin für die Besten arbeitete, ohne sich selbst vom Wettbewerb der Egos anstecken zu lassen. Eins ihrer Lieblingstiere war die Ziege, die sich, wie auf ihrem Porträt schön zu sehen ist, deutlich von der gemeinen Zicke unterscheidet.
Wie ist eine Person, die jeder gern um sich hat? Nicht zu besserwisserisch, denn Besserwisser langweilen. Nicht zu elegant, denn elegante Menschen wollen immer Aufmerksamkeit. Nicht zu gut am Herd, denn dann hätte es keinen Grund gegeben, sie zu verwöhnen. Sie war gern hungrig und gern dankbar, das machte sie besonders anziehend für gute Köche. Und sie freute sich, wenn andere sich freuten. Also verpackte sie die Geschenke immer besonders liebevoll: Dinge überraschend zu verhüllen, gibt ihnen die Chance, einmal zumindest in einem ganz anderen Licht dazustehen.
Nanda Naumann bemalte alles: Stühle, Kommoden, Wände, Schränke, Papiertüten, Porzellan, Kindergesichter. Und was immer sie in den Blick nahm, wirkte nachher heller und lichter als vorher. Wenn sie zum Beispiel in der Ahnengalerie die angeheiratete Familie als Hundecharaktere darstellte, dann waren alle amüsiert und keiner beleidigt. Wer auf ihre Homepage, nanda-naumann.de, schaut, kann das verstehen.
Das Geheimnis? Wenn sie den Gemeinen Klatschmohn zeichnete, das Geißblatt, das Pfaffenhütchen, das Löwenmäulchen, dann strahlten die Pflanzen, als wären sie gerade frisch angemalt worden. Selbst Smillo von Gerresheim, der herrenlose Kater, grinste hocherfreut, als sie sich entschloss, seine Geschichten zu bebildern. Und ja, auch Grütze mit Vanillesauce konnte bei ihr wie gemalt wirken: „Dessert Art“. Wenn sie etwas sah, gab sie dem Gesehenen gleich eine Seele, und dann ging das Lächeln einfach so hin und her zwischen den Gegenständen und ihr. Und natürlich auch zwischen ihrem Mann und ihr, und ihrer Tochter und ihr, sofern die Tochter nicht gerade unter Pubertät litt.
Wenn es zum Ende kommt, dann wartet das große Glück nicht mehr, das ist längst anderswo. Aber die kleinen Dinge harren aus. Die Blumen warten noch im Garten, die gelbe Bluse wäre so gern gekauft, und das Stück Kuchen von der Freundin schmeckt so viel besser als jeder andere Kuchen, vor allem besser als der eigene.
„Ich denk' nur noch an die schönen Momente.“ Die da waren, und die da kommen werden, denn sie hat immer offen gelassen, was nach dem Tod passiert. Vermutlich, weil sie mehr Talente hatte, als für ein Leben nötig sind. In ihrem „Workbook“ stehen folgende Berufsbezeichnungen: Alles-Bemalerin, Schnell-Scribblerin, Porträtistin, Dramaturgin, Verpackerin, Naturfreundin, Fälscherin, Floristin, Layouterin. So eine können wir hier oben gut gebrauchen, wird sich Petrus beim Öffnen der Himmelspforte gedacht haben: „Nanda? Bitte gleich hier, Wolke sieben.“ Gregor Eisenhauer
Neuer St. Jacobi-Friedhof an der Hermannstraße in Berlin-Neukölln. Foto: Doris Spiekermann-Klaas