Ilka-Cordula Felcht

Ilka-Cordula Felcht

* 29.07.1944 in Bärwalde
† 12.12.2023 in Berlin

Angelegt am 24.12.2023
1.131 Besuche

Über den Trauerfall (2)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Ilka-Cordula Felcht, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Trauerrede von Holger Felcht zum Tod von Ilka-Cordula Felcht (06.02.2024)

25.02.2024 um 12:04 Uhr von Danny

Mein Name ist Holger, ich bin der jüngste Bruder von Ilka.

Ich beginne mit einem Zitat aus der Westfalenpost in Schwerte vom 31.07.1964

„Ilka Felcht begeistert im fernen Chicago die Amerikaner als „Königin der Amazonen““. (Die) „Studentin aus Schwerte schauspielert und schreibt Berichte für die Loyola News.

„Ilka Felcht ist in Westfalenpost Lesern nicht unbekannt. Was dereinst mit kleinen und großen Berichten … begann, wird von ihr jetzt im fernen Chicago fortgesetzt.“

„Die 20jährige Ruhrstädterin reiste nach Medizin Studienbeginn in Köln zum Wintersemester 1963 nach Chicago und hat dort an der Loyola Universität die Fächer Zeitungs- und Theaterwissenschaften, Englisch, Theologie und Philosophie belegt. Sie schrieb einen Einakter und spielte im Sommernachtstraum … die Königin der Amazonen, Hypolyta. Die Kritiken waren voll des Lobes: Ilka Felcht zeigt eine interessante Hypolyta. Ihr Akzent gab der Rolle einen gewissen Charme und ihr Spiel machte glaubwürdig, wie die einst wilde Königin der Amazonen durch Liebe gezähmt wird.“

Die Liebe zum Theater wurde zur Obsession - im positiven Sinne - und Ilka hat diese Ihre leidenschaftliche Liebe zum Theater bis zuletzt mit allen Sinnen und aller Kraft gelebt.

Ihre Mutter Ly-Elisabeth hat in Dortmund in dem von ihr geleiteten englischsprachigen Laientheater durch Rollenvergabe an ihre Kinder vielleicht einen Samen in Ilka gelegt.

Ilka war im Studium und die ersten Jahre danach unruhig und dynamisch. Sie lebte neben Köln und Chicago in Irland, Bochum, Herdecke, - aber dann kam Berlin und das passte.

Ihre Eltern und wir Geschwister konnten jeder für sich kaum unterschiedlicher sein und verfolgten ganz unterschiedliche Lebensentwürfe und Ziele, was zu einer intensiven Diskussionskultur führte. Keiner diskutierte lieber als Ilka. Sie diskutierte gerne und unermüdlich; wenn uns nach Stunden die Müdigkeit erfasste, ging Ilka noch lange nicht in den Endspurt. Dabei war sie auch bei verschiedenen Meinungen nicht empfindlich und wechselseitige Kritik möglich. 

Mit ihrem jahrzehntelanges Herzens Projekt, der Theatergruppe Wild Bunch hat sie ihr kreatives Potential und ihre große Dynamik ausgelebt: Theaterstücke wurden in Gruppen Psycho Sozialen Dynamischen Prozessen entwickelt und Freundschaften und zwischenmenschliche Beziehungen spielten dabei eine große Rolle und waren ihr immer ein großes Anliegen.

Es war Ilkas Glück, ja Euphorie, wenn Menschen sich beim Theaterspielen näher kamen, eine Wohlfühlstimmung aufkam und ein Stück entwickelt wurde, es war ihr Unglück, wenn Spannungen und Trennungen auftauchten und belasteten. Ilka war großzügig, warmherzig und interessiert - genauso wie sie intensiv und empathisch mit ihren Schauspielerinnen und Schauspieler bei deren Sorgen, Problemen und Lieben mitfieberte. Beziehungsarbeit und enge Freundschaften waren ihr immer ein sehr großes Anliegen.

Wir Außenstehenden konnten diese Höhen und - seltener - manche Tiefen nicht immer verstehen.

Ihre Begeisterung hat uns aber immer wieder infiziert und die zahlreichen erfolgreichen Inszenierungen der Wild Bunch waren großartig und wir haben die Aufführungen begeistert besucht, so oft uns dieses möglich war.

Wir konnten Ilkas Gastfreundschaft in allen ihrer verschiedenen Wohnformen in dieser Stadt genießen, Kaffeekannen trödeln und Kultur erleben.

Umgekehrt besuchten Ilka und später auch Robby uns an Weihnachten oder bei Familienferien, vielleicht um kurzfristig Ausgleich für die Unruhe in Berlin zu tanken.

Als unser Vater in seinen letzten 17 Jahren aufgrund eingeschränkter Mobilität an seine Wohnung gefesselt war kam Ilka aus Berlin mit gefüllten, überdimensionierten, unglaublichen Suppentöpfen im Zug nach Schwerte, um Vater Hellmuth zu verwöhnen.

Unsere Tochter Frederike, die genauso wie unser Sohn Moritz in Berlin studiert hat, war oft in Ilkas Wohnung in Kreuzberg zu Gast und hat dort zeitweise gewohnt. Sie schwärmt noch heute von Ilkas aufwändigen Frühstücken. Frederike durfte Ilka und Robby auf einer Wild Bunch Fahrt nach Brasilien begleiten

Die große Liebe Ihres Lebens fand Ilka über die Musik – Pop so Dance heißt die Band, wo Robby am Schlagzeug saß und sitzt. Ilka war dort kurzfristig Sängerin. 

Fortan gingen Ilka und Robby gemeinsam durchs Leben und das war nicht bloß wegen der sehr großen Liebe gut.

Ilka neigte zum emotionalen Höhenflug, war wissbegierig und kreativ.

Bei innovativem Theater und in der Kunst, ihrer Spontanität, ihr Pläneschmieden, ihre Unternehmungslust, ihre sehr vielseitigen Interessen - Ilka war begeisterungsfähig und gewann auch Robby dazu mitzumachen. - Profane Dinge des Alltagslebens interessierten sie allerdings weniger.

Aber da war ja dann Robby – für ihre Erdung, für die Liebe, für ihr Zusammenleben und auch für manche Technikunterstützung bei der Wild Bunch.

Ilkas und Robbys riesige, stimmungsvolle, begeisternde Hochzeit mit 130 Gästen ist sicherlich noch allen, die dabei sein durften, in angenehmster Erinnerung.

An Weihnachten kam Ilka – anfangs ohne, dann später mit Robby – regelmäßig zu Besuch zu unserer Wohngemeinschaft und Familie, - in Erinnerung bleibt ein Zirkusauftritt unserer damals kleinen Kinder, den Ilka spontan organisierte.

 

Ilka hat in den Achtzigern einige Gedichte geschrieben, eins möchte ich vortragen.

Ich war

Der Regen weint vor den Scheiben
er will nicht ins Warme
Kastanien ducken sich
hinter rosa Blütenbetten
Tränen am Fenstersims
Erinnerungen perlen
wie Sekt auf nassen Wangen
Kindersekt, weißt du noch?

Spazieren gehen, du vorn mit ihr
sonntäglich
ich unsichtbar
durch Märchen und Träume getarnt
meine Kapuze mein Mantel
und doch eine Schwelle nur
hinter euch
eine Stufe nur unter euch
eure Schritte, eure Ängste, euer Stolpern
pocht in meinen Ohren
und macht mich tapfer
gegen Wind und Regen
und die Sehnsucht euch nah zu sein,
denn ich war glücklich
und wollte es sein,
damals (und allein),

weißt du noch …

 

Ilka wollte vor Ihrer Erkrankung noch eine Promotion oder ein Buch über Ihre Theaterarbeit schreiben, das hat sie nicht mehr geschafft.

Umso schöner für uns alle und sicher auch für Ilka ist das großartige, illustrierte, sehr persönliche Buch des Wild Bunch Teams „Wilde Jahre mit Ilka“ das kurz vor Ilkas Tod fertiggestellt und gedruckt wurde. 

Dafür sind wir alle Anja Bothe, Kerstin Topp, René Staebler, Thomas Lehmann, Katja Sambeth, Sebastian Moritz,Clarissa Scheve und Danny Danisch sehr dankbar.

Ihr habt mich und uns alle damit sehr glücklich gemacht.

Und Ilka sicherlich auch.

Wir verabschieden uns von meiner Schwester, einer bemerkenswerten Frau.

Auf ein Wiedersehen, Ilka, unsere „Königin der Amazonen“.

 

Holger

  

Ilka-Cordula Felcht

27.12.2023 um 04:03 Uhr von Danny
Foto Ilka-Cordula Felcht für Ilka-Cordula Felcht