Jens-Uwe Gerking

Jens-Uwe Gerking

* 09.05.1964
† 15.08.2016
Erstellt von Redaktion Verlag
Angelegt am 28.08.2016
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"Der Mensch, den wir lieben, ist nicht mehr da, wo er war, aber überall, wo wir sind und seiner gedenken."

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Kondolenz

Adieu, Jens

26.03.2021 um 23:34 Uhr von Rolf Boy

Lieber Jens,

Schon vor einiger Zeit habe ich erfahren, was Dir im September 2016 zugestoßen ist: Ein Verkehrsunfall im Urlaub in Slovenien hat Dich aus dem Leben gerissen. Auch wenn es für Deine Frau, Deine Freunde und Deine Angehörigen sicher ein Schock war und immer noch ist, so habe ich doch den Eindruck, daß es Dich in einem Moment getroffen hat, als es Dir sehr gut ging und Du ein glücklicher und zufriedener Mensch warst. Vielleicht ist das ein Trost, einen besseren finde ich jedoch für mich nicht und will daher einfach glauben, daß es so war.

Anstelle eines salbungsvollen Nachrufs möchte an dieser Stelle gerne festhalten, wie ich Dich kannte und als Freund schätzte.

Denn so habe ich unsere Bekanntschaft immer empfunden und auch anderen gegenüber bezeichnet: Als wirkliche Freundschaft, auch wenn wir uns seit Deinem Umzug nach Berlin in den 90ern nur noch alle paar Jahre gesehen haben. Ich denke auch, Du wirst mir gewiss nicht übelnehmen, dass es einige Jahre gedauert hat, diese Zeilen zu verfassen.

Kennengelernt haben wir uns 1986 in Krefeld, in der Etage 2 des Hauses Nummer 4 im Studentenwohnheim an der Vennfelderstraße. Du kamst aus Dormagen, und schon bald nach Deinem Einzug kam es zu gemeinsamen Bierchen und Gesprächen. Ein erster Anknüpfungspunkt war die Musik von Zappa, die wir beide liebten. Überhaupt war Musik "von früher" für uns ein großes Ding. Durch Dich lernte ich einige Klassiker kennen, zu denen ich bis dahin noch nicht gekommen war. Im Gegenzug konnte auch ich Dich für die eine oder andere Platte begeistern. Viele schöne Abende mit guten Gesprächen und guter Musik folgten, oft auch in der lokalen Kneipenszene, und in der Krefelder "Kulturfabrik". Ich erinnere mich immer wieder sehr gerne daran zurück.

Irgendwann lernte ich auch Menschen aus Deinem heimatlichen Umfeld kennen: Deine Freundin Martina, Deinen Bruder und andere, darunter den "Zappa-Fan", der praktisch alles über IHN wusste.

Ich glaube, es war 1989, als Martina und Du Euer "Fünfjähriges" begingt. Gemeinschaftlich hatten Eure Freunde aus Dormagen extra dafür eine Kassette mit einem Hörspiel zusammengestellt, auf welchem sie Stationen Eurer Beziehung mit Ereignissen der Zeit verbanden. Ich war sehr beeindruckt von der Liebe, die in dieser Arbeit steckte - und auch ein bisschen neidisch auf das noch immer enge, freundschaftliche Verhältnis innerhalb Eurer alten Clique.

An das genaue Datum kann ich mich nicht  erinnern, aber ich glaube, es war 1990, als Du mit Martina in Krefeld in der Dionysiusstraße  eine gemeinsame Wohnung bezogt. Ich weiß noch, dass ich dort einige Male bei Euch zu Gast war, aber insgesamt wurden unsere Treffen spärlicher - was ja oft geschieht, wenn ein Paar zusammenzieht. Doch hin und wieder trafen wir uns auf ein Bier. Dann war alles wie früher, jedenfalls nach meinem Eindruck. Wir konnten über alles reden und "Männergespräche" führen, meist unsere zahlreichen Schwächen betreffend. So etwas ist selten, vielleicht gerade unter Männern, und es fehlt mir heute.

Wir nahmen uns zwar immer wieder vor, uns häufiger zu sehen, aber ...

Einige Jahre später trafen Martina und Du dann die Entscheidung, nach Berlin zu gehen, wo ihr anfangs noch im gleichen Haus wohntet.

1997 besuchtest Du mich in Krefeld, an dem Tag, als Wolf Biermann in der "Kulturfabrik" auftrat. Zufällig wohnte ich damals fast genau gegenüber dem Haus, in dem Du mit Martina gewohnt hattest. Ich erinnere mich, dass Dich das sehr freute und bewegte.

Die jüngere deutsche Geschichte war immer ein interessantes Gesprächsthema für uns gewesen. Biermanns Konzert war damals ausverkauft, aber wir beschlossen trotzdem, hinzugehen, in der Hoffnung, für die Zugabe noch umsonst reinzukommen. Und so geschah es auch. Wir hatten Glück: Die Zugabe, die Biermann gab, war so lang, dass man meinen konnte, ein ganzes Konzert von ihm zu erleben.

Danach sahen wir uns leider nur noch alle paar Jahre einmal. 2000 und 2002 besuchte ich Dich in Berlin, 2003 und 2004 - ich war inzwischen verheiratet - kamst Du nach Krefeld, wo Du meinen Sohn kennenlerntest. Um 2010 konnte ich Dich dann noch einmal in unserer neuen Wohnung in Moers begrüßen.

Du erzähltest mir von Deiner Erkrankung, die Du dank moderner Medizin wohl gut im Griff hattest. Inzwischen hattest Du auch eine neue Partnerin gefunden, mit der Du sehr glücklich warst. Leider konnte ich 2013 aus gesundheitlichen Gründen nicht zu Eurer Hochzeit kommen.

Auch mit Deinem Beruf - Du warst nach meiner Erinnerung Laborleiter an einer Fachhochschule in Potsdam - warst Du wohl insgesamt sehr zufrieden.

Zum letzten Mal trafen wir uns im Sommer 2012 während der Documenta in Kassel. Wir hatten dieses Treffen schon lange vorher geplant. Bei strahlend blauem Himmel tranken wir im Biergarten nahe dem "Friedericianum" zum letzten Mal ein Bier zusammen. Du machtest damals die ironische Bemerkung, dass wir bei der geringen Häufigkeit, mit der wir uns trafen, statistisch vielleicht noch etwa fünf Treffen vor uns hätten, bevor der erste von uns das Zeitliche segnen würde.

Heute wünschte ich, wenigstens ein solches Treffen hätte es noch gegeben!

Das letzte Lebenszeichen von Dir erhielt ich im Juni 2016, also kurz vor Deinem Tod. Du hattest ein Dokument verfasst, in welchem Du Dich einer wissenschaftlichen Frage widmetest, gleichzeitig aber auch Einblicke in Dein Denken gewährtest. Dieses Werk hattest Du in einer Eigenauflage von nur wenigen Exemplaren herstellen lassen. Ich fühlte mich sehr geehrt, eines dieser Exemplare von Dir zu erhalten und empfand dies auch als Ausdruck unserer Freundschaft, auch wenn ich den wissenschaftlichen Betrachtungen mangels Befähigung leider nicht zu folgen vermochte. Jedenfalls zeigten mir die autobiografischen Bezüge Dich von einer Seite, die mir bisher noch völlig unbekannt war.

Nach einiger Zeit hörte ich dann, was passiert war ...

Lieber Jens, so habe ich Dich gekannt und als Freund geschätzt. Ich vermisse Dich und unsere gemeinsame Zeit. Ich weiß, Du könntest dem Gedanken etwas abgewinnen, auf liebe Verstorbene das Glas zu heben. Genau das werde ich auch tun.

Adieu, Jens

Auch wenn sie sehr spät kommt, so gilt dennoch Deinen Angehörigen nachträglich meine ganze Anteilnahme.

Rolf Boy
Moers, im März 2021

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